Hintergrund: Die Kategorie Geschlecht spielt eine zentrale Rolle bei sozial bedingten Ungleichheiten von Gesundheitschancen. Jedoch fehlt bisher in der quantitativen Gesundheitsforschung eine umfassende, gendertheoretisch fundierte Berücksichtigung der vielfältigen biologischen und sozialen Geschlechterdimensionen.
Methode: Das BMBF-geförderte Verbundprojekt INGER hat zum Ziel, innovative Methoden für eine geschlechtersensible quantitative Gesundheitsforschung mit Bezug auf gendertheoretische Ansätze (Embodiment, Intersektionalität) interdisziplinär zu entwickeln und im Themenfeld Umwelt & Gesundheit zu erproben.
Ergebnisse: Quantitative Forschung zu umweltbezogener Gesundheit berücksichtigt Geschlecht bisher lediglich als binäres individuelles Merkmal. Im INGER-Verbund wurde ein multidimensionales Geschlechterkonzept aus Intersektionalitätsperspektive entwickelt. Dessen Operationalisierung wurde mit spezifischen Fragebogenmodulen für die Kohortenstudie KORA und für die Querschnittstudie der Umweltprobenbank in 2019 erprobt. Multivariable statistische Analyseverfahren werden eingesetzt um den Erkenntnisgewinn zur Bedeutung von Geschlecht für Gesundheit abzuschätzen.
Diskussion: Das in INGER entwickelte Geschlechterkonzept wird zu einer Verankerung der Intersektionalitäts- und Embodimentperspektive in der quantitativen Gesundheitsforschung beitragen. Die Erkenntnisse aus INGER sollen zu einer Verbesserung von Gesundheitsberichterstattung, Gesundheitsförderung und Gesundheitsschutz im Bereich Umwelt & Gesundheit führen. Sie können im Sinne des Health in All Policies-Ansatzes für verschiedene Ressorts wie Umwelt, Verkehr, Stadtplanung und Verbraucherschutz relevant sein.
09:00 Uhr
Bedeutung von Geschlecht bei Umwelt & Gesundheit: bisherige Ansätze und Perspektiven in Umwelttoxikologie, Umweltepidemiologie und Public Health Forschung zu Umwelt & Gesundheit
Prof. Dr. Gabriele Bolte | Universität Bremen | Germany
PD Dr. Kerstin Palm | Humboldt-Universität zu Berlin | Germany
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Autor*innen:
Prof. Dr. Gabriele Bolte | Universität Bremen | Germany
PD Dr. Kerstin Palm | Humboldt-Universität zu Berlin | Germany
Bisher basiert Forschung zu umweltbezogener Gesundheit vor allem auf der Unterscheidung biologischer Geschlechtsmerkmale. Unter der Annahme statischer Differenzen zwischen Männern und Frauen auf der individuellen Ebene wird meist eine dichotome Kategorie für stratifizierte Analysen oder für die Adjustierung im Sinne einer Störgröße in multivariablen Analysen verwendet. Selbst in der Public-Health-Forschung zu Umwelt & Gesundheit fehlt eine vertiefte Analyse der sozialen Dimension von Geschlecht.
09:20 Uhr
Multidimensionales Geschlechterkonzept für die quantitative Gesundheitsforschung aus Intersektionalitätsperspektive
Dr. Lisa Dandolo | Universität Bremen | Germany
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Autor*innen:
Dr. Lisa Dandolo | Universität Bremen | Germany
Dr. Katharina Jacke | Humboldt-Universität zu Berlin | Germany
Zur Konzeptualisierung von Geschlecht wurde im Verbundprojekt INGER mit Embodiment und Intersektionalität als theoretischer Basis ein multidimensionales Geschlechterkonzept zur Anwendung in der quantitativen Gesundheitsforschung entwickelt. Die Dimensionen umfassen das Geburtsgeschlecht, die aktuelle Geschlechtsidentität, verinnerlichte Geschlechterrollen und externalisierte Geschlechterexpression, eingebettet in Geschlechterrelationen in einem gesellschaftlichen Kontext.
09:40 Uhr
Erprobung der Fragebogenmodule zur Erhebung des multidimensionalen Geschlechterkonzeptes im Rahmen von quantitativen Studien zur umweltbezogenen Gesundheit
Katrin Groth | Umweltbundesamt | Germany
Dr. Ute Kraus | Helmholtz Zentrum München | Germany
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Autor*innen:
Katrin Groth | Umweltbundesamt | Germany
Dr. Ute Kraus | Helmholtz Zentrum München | Germany
Die neu konzipierten Fragebogenmodule zur Erhebung des multidimensionalen Geschlechterkonzeptes wurden in Studien der Umweltprobenbank des Bundes und der Kooperativen Gesundheitsforschung in der Region Augsburg (KORA) in 2019 erprobt. Präsentiert werden sowohl die Anwendbarkeit und Akzeptanz der einzelnen Fragen als auch die Verteilungen der erhobenen Geschlechtervariablen in den unterschiedlichen Studienpopulationen (Umweltprobenbank: Studierende in vier Städten; KORA: Personen ab 45 Jahren).