15:45 Uhr
Gender-Aspekte in der medizinischen Primärversorgung Wohnungsloser
Elena Beier | Uniklinik Freiburg | Germany
Paul Brettel | Uniklinik Freiburg | Germany
Dr. Petra Jung | Uniklinik Freiburg | Germany
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Autor*innen:
Elena Beier | Uniklinik Freiburg | Germany
Paul Brettel | Uniklinik Freiburg | Germany
Dr. Petra Jung | Uniklinik Freiburg | Germany
Gender-Aspekte in der medizinischen Primärversorgung Wohnungsloser
1) Die Zahl der Wohnungslosen nimmt in den letzten Jahren dramatisch zu. Davon betroffen sind auch Frauen, die ca. ein Viertel der wohnungslosen Bevölkerung ausmachen, jedoch in der Forschung zur medizinischen Versorgung bislang unterrepräsentiert sind.
Dieses Projekt befasst sich mit der Fragestellung, wie sich aus der Gendermedizin bekannte Geschlechterunterschiede unter den extremen Lebensbedingungen in der Wohnungslosigkeit verändern. Hieraus sollen genderspezifische Bedürfnisse in der Gesundheitsversorgung Wohnungsloser herausgearbeitet und Konsequenzen für die Versorgung gezogen werden.
Während die Mehrzahl der Studien im deutschsprachigen Raum auf der Befragung von Mitarbeiter*innen in der Wohnungslosenhilfe beruht, wird hier ein betroffenenzentrierter Ansatz verfolgt.
2) Mit einem quantitativen Fragebogen wurden je 50 männliche und weibliche Wohnungslose zu Lebensbedingungen, Infrastruktur, Gesundheitszustand und Gesundheitsverhalten, Versorgungs- und Informationslage befragt.
Im qualitativen Teil der Studie wurden 20 wohnungslose Frauen mithilfe eines leitfaden-strukturierten Fragebogens zu subjektiven Problemen und Hürden bei der Inanspruchnahme medizinischer Versorgung sowie Lösungsansätzen und Handlungsstrategien interviewt.
3) Die Auswertung der Daten erfolgt ab September 2019. Voraussichtlich können erste Ergebnisse auf dem Kongress im März 2020 vorgestellt werden.
4) Es sollen mögliche Kritikpunkte der Studie diskutiert werden, z.B. die Rekrutierung der Proband*innen, die Fallzahl etc.
16:05 Uhr
Geschlecht und Gesundheit im Kontext von Wohnungsnot
Jan A. Finzi | TU Dortmund University | Germany
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Autor*innen:
Jan A. Finzi | TU Dortmund University | Germany
Prof. Dr. Matthias R. Hastall | TU Dortmund University | Germany
Prof. Dr. Ute Ritterfeld | TU Dortmund University | Germany
Hintergrund
Die Zahl der Menschen in Wohnungsnot steigt weiter dramatisch an. Dabei führt Wohnungsnot, die extremste Form der Armut, zu Exklusion und Marginalisierung (Schaak, 2009). Gesundheit nimmt eine entscheidende Funktion im Kontext von Wohnungsnot ein: Menschen in Wohnungsnot sind sowohl bedroht als auch betroffen von Krankheiten (Schäfer-Walkmann & Bühler, 2011). Geschlecht wird dabei im Zusammenhang mit Wohnungsnot und Gesundheit als auch im intersektionalen Zusammenwirken dieser beiden Dimensionen zu einer bedeutenden Differenzierungskategorie (Dubrow, 2009).
Mtehode
Im Rahmen der Dissertation „Wohnungsnot, Geschlecht und Gesundheit. Eine Analyse von Teilhabe und Stigmatisierung“ erfolgt erstmalig eine umfassende Untersuchung der Dimen-sionen Geschlecht und Gesundheit im Kontext von Wohnungsnot. Mittels eines Multi-Methoden-Ansatzes wird (1) der institutionelle Umgang mit den Dimensionen Geschlecht und Gesundheit anhand von Sozialdaten aus dem Hilfesystem, sowie die Beurteilung von Akteur*innen dieses Umgangs und (2) die öffentliche Wahrnehmung von Menschen in Wohnungsnot – mit Fokus auf Geschlecht und Gesundheit – untersucht.
Schlussfolgerung
Die Intersektionalitätshypothese eröffnet dabei eine beachtenswerte Perspektive: Die hohe Komplexität von Wohnungsnot kann ebenso wie die spezifischen Bedarfe von Menschen in Wohnungsnot erfasst und diskutiert werden. Geschlecht und Gesundheit – bisher in diesem Kontext wenig berücksichtigt – bedürfen dabei einer besonderen Aufmerksamkeit.
Diskussionsbeitrag
Die Bedeutung der Dimensionen Geschlecht und Gesundheit im Kontext von Wohnungsnot soll exemplarisch dargestellt und mögliche Implikationen erörtert werden.
16:25 Uhr
Obdachlosigkeit, Geschlecht und körperliche und psychische Gesundheit in Santiago de Chile und Berlin
Mauricio Lara Martinez | Lateinamerika-Institut, FU Berlin | Germany
Prof. Dr. Dr. Daniel Ketteler | Medical School Berlin | Germany
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Autor*innen:
Mauricio Lara Martinez | Lateinamerika-Institut, FU Berlin | Germany
Prof. Dr. Dr. Daniel Ketteler | Medical School Berlin | Germany
Einleitung: In unserem Vortrag geht es darum, den hohen Anteil an körperlichen, psychischen und psychosomatischen Gesundheitsproblemen in der obdachlosen Bevölkerung zu betrachten, um die Ergebnisse vor allem unter gendermedizinischen Aspekten zu diskutieren.
Methode: Durch eine historiographische und ethnographische Untersuchung in Obdachlosenunterkünften wurde und wird Datenmaterial gesammelt (mit Hilfe von Tiefeninterviews). Ein Fokus soll also vor allem auf bisher vernachlässigte Gender- und Psychiatrieaspekte gelegt werden, um die biografischen Gefahren und Sollbruchstellen der einzelnen Werdegänge besser zu identifizieren und generell gendermedizinische Sichtbarkeiten zu erhöhen.
Ergebnisse, Diskussion: Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts wurden die Obdachloseninstitutionen professionalisiert, wobei versucht wurde, sich der Obdachlosen professionalisiert anzunehmen, nicht zuletzt um die sog. "wirklich Bedürftigen“ zu identifizieren. All dies führte zu einer Distanzierung staatlicher Fürsorge im Hinblick auf die Armut. Zuständigkeiten wurden immer weiter an private oder zivilgesellschaftliche Organisationen delegiert. Durch einen relativen Mangel an Aufmerksamkeit/Infrastruktur, eine Trennung der Institutionen aufgrund von Profilen sowie mangelnder Koordination, können diese Räume – u.a. wegen der oft geringen Ruhe, die dort zu finden ist, der uneinheitlichen Profession der Teams – nicht nur als Schutzräume angesehen werden können, sondern stellen – durch männliche Dominanz, Missbrauch und Formen von Gewalt – vor allem für Frauen problematische Rückzugsflächen dar, welche die Erfahrungen und Biografien von Frauen und Männern prägen.