In dieser Auftaktveranstaltung werden Theorie und Praxis miteinander verbunden und exemplarisch einzelne Lebenswelten einbezogen.
11:15 Uhr
Theorie: Die Rolle kontextueller Merkmale für die Erklärung sozial bedingter Ungleichheiten in der Gesundheit: Exemplarische Einblicke aus der Kita und dem Gesundheitssystem
Dr. Irene Moor | Institut für Medizinische Soziologie MLU Halle-Wittenberg | Germany
Dr. Raphael Herr | Universität Heidelberg | Germany
Anna Novelli | Ludwig-Maximilian-Universität München | Germany
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Autor:innen:
Dr. Irene Moor | Institut für Medizinische Soziologie MLU Halle-Wittenberg | Germany
Dr. Raphael Herr | Universität Heidelberg | Germany
Anna Novelli | Ludwig-Maximilian-Universität München | Germany
Die Rolle kontextueller Merkmale für die Erklärung sozial bedingter Ungleichheiten in der Gesundheit: Ein Lebensphasenansatz (DFG FOR2723)
Hintergrund: Die Gesundheit junger Menschen ist eng mit ihrer sozialen Herkunft verknüpft. Während unzählige Studien gesundheitliche Ungleichheiten beschreiben, wurden die zugrundeliegenden Mechanismen seltener erforscht. Bislang ist nur wenig über erklärende Faktoren auf der Kontextebene bekannt. So ist davon auszugehen, dass die Merkmale institutioneller Kontexte (z.B. der KITA, Schule, Ausbildungsstätte) in Bezug auf Infrastruktur, Komposition, Typ und Qualität einen unabhängigen, über die Individualebene hinausgehenden Beitrag zur Erklärung gesundheitlicher Ungleichheiten leisten.
Projektbeschreibung: Die Forschungsgruppe geht über die bisherige Forschung hinaus, indem sie a) einem strikten Lebensphasenansatz folgt, der die Besonderheiten der jeweiligen Lebensphasen berücksichtigt, und b) das Zusammenspiel zwischen jungen Menschen und den institutionellen Kontexten betrachtet, in denen sie leben und handeln.
Ergebnisse: Das Fachforum wird 1) die bisherige Evidenz über die Rolle der einzelnen institutionellen Kontexte für gesundheitliche Ungleichheiten von der Kindheit bis zum jungen Erwachsenenalter systematisch zusammenzufassen und 2) erste empirische Ergebnisse vorstellen ob und wie die wichtigsten institutionellen Kontexte mit der Entstehung gesundheitlicher Ungleichheiten verbunden sind.
Diskussionsbeitrag: Nur eine breite Wissensbasis über die Ursachen dieser Ungleichheiten auf Individual- und Kontextebene ermöglicht es, gesundheitliche Ungleichheiten bei jungen Menschen umfänglich erklären und die Entwicklung evidenzbasierter effektiver Mehrebeneninterventionen unterstützen zu können.
11:35 Uhr
Praxisteil I: Ene mene muh und raus bist Du… Kita-Alltag in Pandemiezeiten als Erziehungs-und Bildungspartner gestalten
Prof.in Dr.in Susanne Borkowski | Hochschule Magdeburg-Stendal | Germany
Gerlinde Schmidt-Hood | Niedersächsischen Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung (nifbe) | Germany
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Autor:innen:
Prof.in Dr.in Susanne Borkowski | Hochschule Magdeburg-Stendal | Germany
Gerlinde Schmidt-Hood | Niedersächsischen Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung (nifbe) | Germany
Der erste Teil des Beitrages wird sich der wissenschaftlichen Einordnung und den elementaren Voraussetzungen für eine erfolgreiche Implementierung armutssensibler Kooperationsbeziehungen zwischen Fachkräften und Eltern widmen. Anhand von Beispielen werden vom Niedersächsischen Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung (nifbe) Herausforderungen dargestellt, die sich seit Beginn der Corona-Pandemie in der Fachpraxis stell(t)en.
(1) Hintergrund/Fragestellung
Dem Setting Kita wird mit Blick auf das frühzeitige Herausbilden von gesundheitlich bedeutsamen Verhaltensweisen, aber auch aufgrund der besondere Möglichkeiten der familiären Förderung, für das gesunde Aufwachsen eine bedeutsame Rolle zugeschrieben. Die Pandemie hat insbesondere im Hinblick auf in Armut lebende Familie deutlich gezeigt, wie wichtig die Ausgestaltung der Beziehung zwischen Fachkräften und Eltern ist, aber auch, welche im System angelegten Logiken dringend neues Denken und Handeln erfordern.
(2) Projektbeschreibung/Methode
Aufbauend auf einer wissenschaftlichen Einordnung werden anhand von Beispielen Herausforderungen dargestellt, die sich seit Beginn der Corona-Pandemie in der Fachpraxis stell(t)en.
(3) Schlussfolgerung/Ergebnisse
Fachkräfte stehen vor großen Herausforderungen und müssen heterogenitätssensibel armutssensibel den Dialog mit Familien unter erschwerten Bedingungen gestalten. Hier lassen sich verschiedene Strategien für eine gelingende Zusammenarbeit aufzeigen. Die Thematisierung der bestehenden Machtverhältnisse zwischen Eltern und Fachkräften, die Sensibilisierung für unterschiedliche Lebenslagen, die Sicherstellung von Partizipation und Transparenz im Kita-Alltag sowie „Unterstützersysteme“ für Fachkräfte nehmen dabei eine Schlüsselstellung ein.
(4) Diskussionsbeitrag/Lessons Learned
Die Beiträge sollen am Ende mit den Teilnehmenden in Kleingruppen (breakout rooms) reflektiert werden. Dabei sollen eigene Erfahrungen eingebracht werden, Herausforderungen und Modelle guter Praxis benannt werden.
11:55 Uhr
Praxisteil II: Teilhabebarrieren ‚Sucht‘ und ‚psychische Erkrankung‘ in der Arbeit mit wohnungslosen Menschen überwinden
Joachim J. Jösch | Fachkrankenhaus Vielbach, Sucht-Hilfe-Zentrum Vielbach | Germany
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Autor:in:
Joachim J. Jösch | Fachkrankenhaus Vielbach, Sucht-Hilfe-Zentrum Vielbach | Germany
1. Suchtkranke Wohnungslose mit Doppeldiagnose befinden sich in gravierend-komplexen Problemlagen: Belastungen wie Langzeitarbeitslosigkeit, fehlende familiäre Netze, Überschuldung und justizielle Schwierigkeiten kumulieren zu einer Spirale der Exklusion.
Der Zugang zum allg. Wohnungs- und Arbeitsmarkt bleibt ihnen faktisch verwehrt.
Ihre Mortalitätsrate ist hoch.
Meist gelingt den Betroffenen die Nutzung des Suchthilfesystems nicht. Doch erst Zugang und Inanspruchnahme (sucht-)medizinischer Hilfen ermöglichen die Realisierung von Teilhabe am Leben in der Gesellschaft.
2. Die Teilhabe suchtkranker Wohnungsloser ist Auftrag und Ziel des Sucht-Hilfe-Zentrums Vielbach.
Nonkonforme therapeutische Interventionen und Hilfen sowie ein naturgestützter, gendersensibler Therapieansatz bereiten den sozial benachteiligten Patienten den Weg zu einem gelingenden Neuanfang. Bundesweit einmalig: die Garantie, am Ende der Rehabilitation nicht mehr in die Wohnungslosigkeit entlassen zu werden!
3. Den Suchtmittelkonsum von chronisch Suchtkranken ohne Wohnung zu akzeptieren („Laissez-faire“) ohne zu helfen bekommt den Charakter von „betreuter Elendsverwaltung“. Die maximale Beeinträchtigung von Teilhabe, Gesundheit und Lebensdauer bei den Betroffenen gebietet ein konzertiertes Handeln aller Helfer um Zugangsbarrieren zum Sucht-Hilfesystem mit Beharrlichkeit und Kreativität zu beseitigen.
Die Vielbacher ‚Teilhabe-Initiative für abhängigkeitskranke Wohnungslose‘ bündelt die Kräfte von Politik, Wissenschaft, Sucht- und Wohnungslosenhilfe für ein gemeinsames Engagement gegen Ausgrenzung.
4. Helfer sollten Suchtkranken so beständig Hilfe anbieten, wie sie es sich wünschten, wären sie selbst Betroffene.