Hintergrund: Die Bundesregierung hat sich international verpflichtet, die notwendigen Gesundheitsdienste für alle in Deutschland lebenden Menschen diskriminierungsfrei zugänglich zu machen und Benachteiligte nach dem Prinzip „leave no one behind“ vorrangig zu berücksichtigen. Laut Mikrozensus leben in Deutschland 61.000 Menschen ohne eine Krankenversicherung. Erfasst werden dabei jedoch nur Menschen, die offiziell gemeldet sind und in einem Privathaushalt leben. Weder Wohnungslose noch Menschen ohne Aufenthaltsstatus werden erfasst. Auch fehlen diejenigen, die z.B. wegen Beitragsschulden, als Asylsuchende oder EU-Bürger*innen nur Anspruch auf eingeschränkte Leistungen haben.
Projektbeschreibung: Die Corona-Krise trifft diese Personengruppen besonders hart. Viele haben keine Möglichkeit sich in Quarantäne zu begeben und keinen Anspruch auf Tests und Behandlung. Sie sind besonders vom wirtschaftlichen Einbruch und Reisebeschränkungen betroffen. Wenn das Gesundheitssystem an seine Grenzen stößt, bleiben ihre medizinischen Bedarfe erst recht ungedeckt.
Schlussfolgerung: Die Corona-Krise offenbart in aller Schärfe die Lücken in der Versorgung, auf die humanitäre Organisationen und Wohlfahrtsverbände seit Langem hinweisen.
Diskussionsbeitrag: Die niedrigschwelligen Angebote waren und sind bemüht, auch während der Krise eine Grundversorgung sicherzustellen. Die besonderen Schwierigkeiten, mit denen sie konfrontiert waren - Schutzmaterialien mussten individuell organisiert werden, viele ältere Ehrenamtliche fielen aus – zeigen auch die Grenzen zivilgesellschaftlichen Engagements und die Notwendigkeit struktureller Maßnahmen, um der staatlichen Pflicht gerecht zu werden.
09:30 Uhr
Menschen ohne Zugang zu medizinischen Versorgungsstrukturen. Vorstellung einzelner Personengruppen anhand von Fallbeispielen aus der Beratung in der Medizinischen Ambulanz ohne Grenzen, Mainz.
Nele Wilk (Kleinehanding) | Armut und Gesundheit in Deutschland e.V. | Germany
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Nele Wilk (Kleinehanding) | Armut und Gesundheit in Deutschland e.V. | Germany
Menschen ohne Krankenversicherung sind keine homogene Gruppe. Die Hintergründe des mangelnden Versicherungsschutzes und damit einhergehende Ansprüche und Zugangsmöglichkeiten in das Regelsystem sind vielfältig und komplex. Anhand von konkreten, anonymisierten Falldarstellungen werden die unterschiedlichen Personengruppen, ihre rechtlichen Möglichkeiten und Grenzen und die Auswirkungen der Corona-Krise dargestellt.
09:50 Uhr
Ärzte der Welt Gesundheitsreport 2020: Analyseergebnisse aus der ambulanten Versorgung von Menschen mit keinem oder einem erschwerten Zugang zum deutschen Regelsystem
Janina Gach | Ärzte der Welt e. V. | Germany
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Janina Gach | Ärzte der Welt e. V. | Germany
Der Gesundheitsreport zeigt eine wissenschaftliche Auswertung von Daten der Patient*innen, die während der Sprechstunden in den Anlaufstellen in München, Hamburg und Berlin erhoben wurden. Diese Daten geben einen Überblick über Soziodemografie, Lebensumstände, erlebte Barrieren und den Gesundheitszustand der befragten Patient*innen.
10:10 Uhr
Ohne Wohnung und krank – Gesundheitliche Versorgung von Menschen in einem Wohnungsnotfall
Sabine Bösing | Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. | Germany
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Sabine Bösing | Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. | Germany
Menschen, die in Sammelunterkünften untergebracht oder von Wohnungsverlust bedroht sind, in prekären Mitwohnverhältnissen oder ganz ohne Unterkunft auf der Straße leben, sind ohnehin hohen Gesundheitsrisiken ausgesetzt. Corona verschärft ihre Situation erheblich: Sie können Abstands- und Hygienevorgaben nur schwer einhalten und erleben Ausgrenzung im Gesundheitssystem. Die BAG Wohnungslosigkeit fordert daher die Umsetzung des Rechts auf Gesundheit für alle. Empfehlungen zur Umsetzung werden vorgestellt.