Das Heben und Tragen schwerer Lasten, Arbeiten in ungünstigen Körperhaltungen, bewegungsarme Tätigkeiten oder das häufige Wiederholen gleicher Bewegungsvorgänge kann zu besonderen Belastungen des Muskel-Skelett-Systems des Menschen führen. Muskel-Skelett-Erkrankungen gehören daher immer noch zu den am häufigsten angezeigten Berufskrankheiten bei der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung und sind für fast ein Viertel aller krankheitsbedingten Fehltage in deutschen Unternehmen verantwortlich.
In der Veranstaltung wird über den aktuellen Stand der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie zur guten Arbeitsgestaltung bei Muskel-Skelett-Belastungen berichtet und Vorgehensweisen und Methoden zur Erfassung von Muskel-Skelett-Belastungen und zur Ableitung passender Präventionsmaßnahmen vorgestellt.
Exemplarisch werden neue Lösungsansätze für ein belastungsreduziertes Bewegen mobilitätseingeschränkter Personen, aus dem Bereich der Pflege und des Verkehrswesens präsentiert und mit den Zuhörern diskutiert.
Lifting and carrying heavy loads, working in awkward postures, activities of low mobility and frequent repetition of the same movement sequences can place particular stresses on the human musculoskeletal system. Musculoskeletal disorders therefore continue to be among the occupational diseases most frequently reported to the German Social Accident Insurance, and are responsible for almost a quarter of all working days lost in German companies due to sickness.
The event will report on the progress of the Joint German Occupational Safety and Health Strategy for good work design with respect to musculoskeletal stresses, and will present procedures and methods for measuring musculoskeletal stresses and identifying suitable preventive measures.
New model solutions for reducing stress upon mobility-impaired persons during movement, taken from the care and traffic sectors, will be presented and discussed with the audience.
10:00 Uhr
Begrüßung und Einführung
10:10 Uhr
Das GDA-Arbeitsprogramm Muskel-Skelett-Belastungen in der Übersicht Ein abgestimmtes Risiko- und Belastungsartenkonzept
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Autor:in:
Dr. Stefan Baars | GA Hannover | Germany
Ziel des gemeinsamen Handels im Arbeitsprogramm Muskel-Skelett-Belastungen (MSB) der dritten Periode der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) ist, durch eine angemessene und zielgerichtete Gefährdungsbeurteilung Risiken durch MSB frühzeitig zu erkennen und durch geeignete Maßnahmen zu senken und damit die Arbeitswelt im Hinblick auf MSB sicher und gesund zu gestalten. Die Gefährdungsbeurteilung im Zusammenhang mit MSB bedarf dabei analog zu anderen Gefährdungsfaktoren wie Gefahrstoffen eines einheitlichen Verständnisses von Belastungen, Bewertungsmethoden und Beurteilungen möglicher Risiken.
Grundlagen der gemeinsamen präventiven Ansätze von Bund, Ländern und Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung im Arbeitsprogramm MSB sind daher abgestimmte Definitionen der unterschiedlichen MSB einschließlich der Abgrenzungen untereinander. Neben Hand-Arm- und Ganzkörpervibrationen wurden sechs weitere MSB definiert. Für die Prüfung, Ableitung und Umsetzung präventiver Maßnahmen wurde darüber hinaus ein vierstufiges Risikokonzept vereinbart. Mit zunehmender Risikostufe erhöht sich die Wahrscheinlichkeit von gesundheitlichen Folgen der MSB und damit der Handlungsbedarf. Das vierstufige Risikokonzept liegt auch der AMR 13.2 zugrunde. Das abgestimmte Risiko-und Belastungsartenkonzept basiert auf Ergebnissen des Forschungsprojektes MEGAPHYS.
Der Vortrag stellt das abgestimmte Risiko- und Belastungsartenkonzept sowie die Ansätze des GDA Arbeitsprogramms MSB vor.
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10:30 Uhr
Handlungshilfen für die Gefährdungsbeurteilung von Muskel-Skelett-Belastungen – Unsere Unterstützung für kleine Unternehmen
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Autor:in:
Ralf Schick | Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik (BGHW) | Germany
Im Rahmen der 3. GDA Periode sollen insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) mit der Bereitstellung von Handlungshilfen durch die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und Arbeitsschutzbehörden der Länder bei der Gefährdungsbeurteilung von Muskel-Skelett-Belastungen (MSB) unterstützt werden. Dadurch soll die Anzahl der angemessenen Gefährdungsbeurteilungen von MSB in den KMU erhöht werden.
Mit dem Konzept der Handlungshilfen sollen die Unternehmen in die Lage versetzt werden, mit Hilfe von vergleichbaren und bereits bewerteten Tätigkeiten eine Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit MSB zu erstellen. Das Konzept besteht aus einem Leitfaden, den Beurteilungshilfen sowie der Arbeitshilfe.
Der Leitfaden richtet sich an die UV-Träger und an die Arbeitsschutzbehörden der Länder. Er unterstützt diese bei der Erstellung von Beurteilungshilfen für die Gefährdungsbeurteilung von MSB.
Die mit Hilfe des Leifadens erstellten Beurteilungshilfen unterstützten die KMU beim Ermitteln und Bewerten der Gefährdungen und beschreiben darüber hinaus konkrete Arbeitsschutzmaßnahmen nach dem Stand der Technik.
Die Arbeitshilfe richtet sich direkt an die KMU und führt diese durch die sieben Prozessschritte der Gefährdungsbeurteilung. Durch das Ausfüllen der einzelnen Prozessschritte mit dem Festlegen von Maßnahmen, Terminen und Verantwortlichen wird durch die Arbeitshilfe gleichzeitig eine angemessene Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung von MSB sichergestellt.
10:50 Uhr
Runter mit der Last! – Gemeinsam körperliche Belastungen im Betrieb angehen. Experten- und Erfahrungswissen zur Reduzierung körperlicher Belastungen nutzen
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Autor:in:
Dr. Daniela Tieves-Sander | IG Metall | Germany
Körperliche Belastungen sind nach wie vor eines der prominenten Präventionsthemen in den Betrieben in Deutschland. Dies zeigt sich sowohl in aktuellen Befragungsdaten wie auch in den Statistiken zu Muskel-Skelett-Erkrankungen. Nicht zuletzt ist ihre Reduzierung in der aktuellen GDA-Periode erneut in einem Arbeitsprogramm aufgegriffen.
Mit den Ergebnissen aus dem Projekt MEGAPHYS liegen neben einer Methodenhierarchie und einem Risikokonzept auch neue Methoden zur Erhebung der körperlichen Belastungen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung vor. Darüber hinaus sollen mit einem Einstiegsscreening/Basis-Check von BAuA/DGUV die Eingangshürden zur Behandlung des Themas insbesondere auch in kleineren Unternehmen angegangen werden.
Vor dieser Ausgangslage stellen sich u.a. Fragen zu bisher nicht erfolgten Reduzierungsmaßnahmen in den Betrieben. Oft wird hier die Mitwirkung der Beschäftigten angemahnt. Darüber hinaus sollte in den Blick genommen werden, wie die neuen Erkenntnisse in der Praxis angebracht und zur Anwendung gebracht werden können. Hierzu wird im Beitrag ein ineinandergreifendes Konzept unter Einbeziehung der Expertise der betroffenen Beschäftigten und ihrer Interessenvertretungen vorgestellt. Es geht darin zum einen darum Informationen zu den verschiedenen Belastungsarten und ihren möglichen Folgen im Betrieb mit den betroffenen Beschäftigten zu kommunizieren. Zum anderen – und quasi grundlegend dafür erforderlich – wird die Qualifikation von Multiplikator*innen dafür vorgesehen. Schließlich müssen betriebliche Interessenvertretung im Rahmen ihrer Mitbestimmungsrechte Einfluss üben können und somit im Rahmen von Schulungen darauf vorbereitet werden. Greifen diese Maßnahmen ineinander, so ist es auch möglich die Rückkopplung der betroffenen Beschäftigten an ihren Arbeitsplätzen mit dem Wissen aus der Beurteilung dieser Arbeitsplätze zusammenzubringen. Dies wird dann genutzt, um die Auswahl ggf. notwendiger Maßnahmen zu unterstützen und somit auch die Akzeptanz dieser zu erhöhen.
11:10 Uhr
Belastungsarmes Bewegen von Personen in der Pflege – Belastungserhebung, -bewertung und Möglichkeiten der Überlastungsvermeidung
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Autor:in:
PD Dr. Matthias Jäger | Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund (IfADo) | Germany
Seit Jahr(zehnt)en verursachen Muskel-Skelett-Erkrankungen etwa ein Viertel der krankheitsbedingten Fehltage, davon entfällt etwa die Hälfte auf den Bereich des Rückens bzw. die Wirbelsäule. Mit Einführung der sog. Wirbelsäulen-Berufskrankheiten BK 2108 bis 2110 BeKV wurde die Notwendigkeit um weitere Erkenntnisse zu Ursache und möglichen Präventionsmaßnahmen offenkundig. Dabei adressiert die BK 2108 bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule insbesondere durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten, wobei Tätigkeiten in der Pflege als eine der Begründungen zur BK-Einführung herangezogen wurden. Mit Ableitung des sogenannten Mainz-Dortmunder Dosismodells MDD entstand die Möglichkeit, langjährige Expositionen durch Heben, Tragen und Rumpfbeugehaltungen miteinander „zu verrechnen”: Dabei werden beispielsweise nicht die Lastmassen aufsummiert, da sie je nach Körperhaltung und -bewegung in der Regel verschiedene Wirbelsäulenbelastungen bewirken, sondern die durch die jeweilige Tätigkeit verursachten (Druck-)Kräfte in der Lendenwirbelsäule werden bestimmt und entsprechend der Dauer und Häufigkeit kumuliert. Bei pflegerischen Tätigkeiten wie dem Bewegen von Menschen oder dessen Abstützen in einer gewissen Körperhaltung sind allerdings die beim Agieren ausgeübten Aktionskräfte nach Betrag, Richtung und beidseitiger Verteilung unbekannt. In einem langjährigen Kooperationsvorhaben der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege und dem Leibniz-Institut für Arbeitsforschung (IfADo), der sog. Dortmunder Lumbalbelastungsstudie 3 (DOLLY 3), wurden jene Aktionskräfte mit Hilfe neuentwickelter Messeinrichtungen wie kraftsensitives Bett, Stuhl, Boden und Wanne für exemplarisch im Labor durchgeführte „sicher gefährdende” Patiententransfers quantifiziert, verschiedene Ausführungsmodi verglichen und biomechanisch begründete Handlungsanleitungen zum rückengerechten Bewegen von Patienten formuliert. In einer geplanten DGUV-Information werden dazu die Analyseergebnisse zu sicher gefährdenden Tätigkeiten zusammengestellt, eine tätigkeitsspezifische Handlungsanleitung zur Beurteilung von Gefährdungen beim Bewegen von Menschen in der Pflege und Betreuung vorgestellt und entsprechende Möglichkeiten zur gefährdungsärmeren Ausführung konkretisiert.
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11:45 Uhr
Bewegen von Menschen im Gesundheitsdienst und in der Wohlfahrtspflege – Einsatz und Wirkung kleiner und technischer Hilfsmittel
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Autor:in:
Stefan Kuhn | Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) | Germany
Das Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund (IfADo) hat mit der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspfleg (BGW) im Rahmen der Dortmunder Lumbalbelastungsstudie 3 (DOLLY 3) gefährdende Tätigkeiten in der Pflege und Betreuung erforscht, wie z.B. „Einen Menschen im Bett Richtung Kopfende bringen“ oder „Einen Menschen ohne dessen Hilfe von der Bettkante in den Rollstuhl umsetzen“. Das Ergebnis ist, dass das rein manuelle Bewegen von mobilitätseingeschränkten Menschen mit teilweise sehr hohen Belastungen der Lendenwirbelsäule (LWS) verbunden ist. Die Forschung zeigt auch, dass allein schon der Einsatz von sog. Kleinen Hilfsmitteln ein belastungsreduziertes und damit gefährdungsarmes Arbeiten ermöglicht.
Sind Ressourcen des mobilitätseingeschränkten Menschen vorhanden, sind sog. Kleine Hilfsmittel zur Bewegungsunterstützung die richtige Wahl. Die Basisausstattung enthält Gleitmatten, Anti-Rutsch-Matten, Rutschbretter und Mobilitätsgürtel (Haltegürtel).
Sind keine Ressourcen des mobilitätseingeschränkten Menschen vorhanden, so dass nur Heben bleibt, sind Technische Hilfsmittel die richtige Lösung. Dazu gehören Deckenschienensysteme, Lifter und Positionswechselhilfen.
Kleine und Technische Hilfsmittel helfen aber nicht nur der Pflegekraft belastungsreduziert zu arbeiten. Sie stellen auch für den mobilitätseingeschränkten Menschen eine sichere und komfortable Bewegungsmöglichkeit dar. Kleine Hilfsmittel unterstützen durch die Nutzung vorhandener Ressourcen zusätzlich den Erhalt und die Förderung der Mobilität des Menschen.
Im Vortrag werden die Systeme und Hilfsmittel vorgestellt, der mögliche Einsatzbereich skizziert, aber auch die Grenzen aufgezeigt.
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12:10 Uhr
Bewegen von mobilitätseingeschränkten Personen in Flugzeugen – Entwicklung und Evaluation eines Hilfsmittels
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Autor:in:
Prof. Dr. Claus Backhaus | FH Münster, Zentrum für Ergonomie | Germany
Durch den demografischen Wandel nimmt der Anteil mobilitätseingeschränkter Personen (MEP) in Verkehrsflugzeugen zu. Beim Unterstützen von MEP können hohe physische Belastungen auftreten. In der vorgestellten Studie wurde ein Hilfsmittel zum manuellen Umsetzen von MEP von einem Sitz auf einen anderen oder auf einen Bordrollstuhl an Bord von Verkehrsflugzeugen entwickelt und evaluiert.
Die Entwicklung erfolgte iterativ in einer interdisziplinären Arbeitsgruppe. Die Evaluation des Hilfsmittels basiert auf einem Usability-Test im „Flight Training Center“ (FTC) eines großen deutschen Luftfahrtunternehmens durch Flugbegleitpersonal sowie auf einer biomechanischen Belastungsschätzung im Labor. Dazu wurden die Bodenreaktionskräfte beim Umsetzen einer MEP gemessen, die Bandscheibendruckkräfte mit Hilfe des biomechanischen Simulationswerkzeugs „Der Dortmunder“ berechnet und diese mit den „Revidierten Dortmunder Richtwerten” verglichen.
Das entwickelte Hilfsmittel besteht aus zwei identischen Gleittuchschlingen aus einem silikonlaminiertem Polyesterstoff. Die durchschnittliche Anwendungsdauer beim Bewegen einer MEP vom Fenstersitz auf den Bordrollstuhl im Gang betrug 02:14 min. Bei 5 von 14 Handlungsschritten wurde ein erhöhter Einweisungsbedarf identifiziert. Die Anwenderakzeptanz wurde mit 81% als gut bis sehr gut eingeschätzt. Durch den Einsatz des neuen Hilfsmittels verringerten sich die Aktionskräfte um 30% und die Bandscheibendruckkräfte um 50%.
Zusammenfassend ermöglichen die n
12:35 Uhr
Engagement und Erfolge in der Arbeitsgestaltung bei Muskel-Skelett-Belastung – Perspektiven der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber
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Autor:in:
Sebastian Riebe | Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) | Germany
Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber engagieren sich stark in der Arbeitsgestaltung bei Muskel-Skelett-Belastung (MSB). In Unternehmen sind viele Funktionsträger bei der Arbeitsgestaltung beteiligt, z. B. Führungskräfte, Ergonomie-Teams, Betriebsärztinnen, Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit. Es werden systematische Arbeitsplatzbewertungen durchgeführt oder Schwerpunktprogramme zu MSB umgesetzt. Auch Arbeitgeberverbände sind aktiv, beispielsweise durch Unterstützung ihrer Mitgliedsunternehmen oder im Rahmen des GDA Arbeitsprogramms „Muskel-Skelett-Belastung“. Der Vortrag ist ein gemeinsamer Beitrag der in diesem Arbeitsprogramm beteiligten Arbeitgeberverbände Gesamtmetall, Südwestmetall und dem Spitzenverband BDA.
Das Engagement lohnt sich: Unternehmen und Betriebe in Deutschland haben viele Erfolge in der Arbeitsgestaltung und Prävention von Muskel-Skelett-Erkrankungen vorzuweisen. Die physische Belastung im Beruf war in den letzten Jahrzehnten insgesamt rückläufig. Die ergonomische Gestaltung der Arbeitsplätze ist in den Unternehmen auf einem guten Weg, auch wenn noch ein paar Schritte zu gehen sind.
Der Vortrag wirft aus Perspektive der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber einen Blick auf die
- Erfolge und den status quo
- Instrumente zur Beurteilung von MSB und Erfahrungen aus der Praxis
- Schritte, die in der Arbeitsgestaltung bei MSB noch zu gehen sind